Schauspielerei und Rollen

Begonnen von Holzmichellina, 04. Juli 2007, 10:21:09

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Holzmichellina

Sarah hatte sich (vorwiegend mit mir) in einem Therad (der eigentlich nicht zum Thema passte) über die Persönlichkeit von Schauspielern "unterhalten". Da ging es auch darüber, wie sehr die Persönlichkeit des Schauspielers von der Rolle beinflußt wird,  und umgekehrt. Darüber habe ich in den vergangenen Tagen noch zwei interessante Artikel gefunden, die ich hier in Ausschnitten reinkopieren werde.

Klausjürgen Wussow:
Das Leben schlägt zuweilen merkwürdige Kapriolen: Eigentlich wollte er Arzt werden. Aber er wurde Schauspieler. Und seine berühmteste Rolle stellte - ausgerechnet - einen Arzt dar: Professor Brinkmann, der Überweißkittel der ZDF-"Schwarzwaldklinik". Für Klausjürgen Wussow wurde diese Rolle zum größten Triumph - und zugleich auch für ihn zum Verhängnis. Er konnte seinen schneeweißen Ornat der Heilungskünste und des jovialen Zuspruchs im wirklichen Leben nie wieder ablegen. Seine Fans trieben ihn aus lauter Liebe in die Enge und sahen in dem Schauspieler immer nur den Chefarzt, den Professor Brinkmann.

Der Dramatiker und Regisseur Franz Xaver Kroetz, der Wussow in den 60er-Jahren am Wiener Burgtheater erlebt hatte, meinte: "Er war ein blendend aussehender, groß gewachsener junger Mann, der, was selten ist, perfekt die Rolle des jugendlichen Helden verkörperte. Als ich ihn später wieder getroffen habe, wirkte er gehetzt und gejagt. Er hätte sicher sehr viel länger sehr viel glücklicher sein können, wenn er sich nicht als Seriendarsteller fürs Fernsehens verkauft hätte. Er hätte am Theater bleiben sollen."

Ulrike Folkerts:
"Ich bin eine Insel" ist durchaus sehenswert, aber er wäre nichts Besonderes, spielte Folkerts die Hauptrolle nicht als Röcke tragender Gegenpart zu der forschen, androgynen Kämpferin, der sie seit 18 Jahren fast hauptberuflich ihr Gesicht leiht: Lena Odenthal, die dienstälteste Kommissarin im deutschen "Tatort".

Endlich mal wieder eine Rolle kreieren
"Ich habe lange für eine Rolle gekämpft, die überhaupt nichts mit Lena Odenthal zu tun hat. Der Film gab mir die Chance, endlich mal wieder eine Rolle von null auf hundert zu kreieren, mich zu fragen: Wie tickt sie? Wie bewegt sie sich? Was zieht sie an? Und ich habe das so genossen."

Es ist ganz normales Schauspielerhandwerk, das sie da beschreibt, aber sie hat es lange nicht mehr ausüben können, weil ihr auch in der Odenthal-freien Zeit meist bloß Krimis angeboten wurden. Nun spricht sie mit solchem Enthusiasmus über ihre jüngste Rolle, dass sich die Frage aufdrängt: Ist der "Tatort" eine Falle, Frau Folkerts? "Ja", sagt sie, "und ich bin voll reingetappt in diese Falle, aber es war auch ein Glück, ich weiß gar nicht, was ohne den ,Tatort" aus mir geworden wäre."
Nach neun oder zehn Jahren "Tatort" war sie drauf und dran, alles hinzuschmeißen, um endlich mal in einem Film ohne Leichen mitzuspielen. Sie hat es nicht getan. "Ich habe mich nicht getraut", sagt sie, "ich hatte einfach Angst, dann vielleicht zwei, drei Jahre gar nicht arbeiten zu können." Außerdem sei der "Tatort" auch irgendwie "ihr Baby", das sie nicht aufgeben wollte. "Ich finde die Odenthal ist langsam Kult, die Leute sehen sie einfach gerne." 7,64 Millionen waren es pro Folge im vergangenen Jahr. Folkerts will die anderen Rollen zusätzlich zu Lena Odenthal. "Das ist mein Ehrgeiz", sagt sie, "und warum soll das nicht gehen?"

Es könne aber noch dauern, glaubt sie, bis auch die Fernsehleute umdenken und ihr einen Liebesfilm oder gar eine Komödie anbieten. "Ich würde das ja sofort spielen", sagt sie, "aber die Bedenkenträger in den Redaktionen setzen lieber auf Altbewährtes, und die guten Autoren sind damit beschäftigt, irgendwelche Mörder zu erfinden, weil die Nachfrage nach Krimis einfach so groß ist." Während sie auf weitere "Rollengeschenke" wartet, kämpft sie deshalb für "Tatort"-Stoffe, die sie persönlich spannend findet. Bald wird es einen "Tatort" über die Welt der Models geben und einen anderen über die Folgen einer Beziehung zwischen einem türkischen Mädchen und einem deutschen Jungen, einen über Aids hat sie bereits durchgesetzt.

Mehr Privatleben will Ulrike Folkerts ihrem Alter Ego Odenthal aber nicht verordnen. "Frau Postel ist alleinerziehende Mutter, Frau Mattes ist Witwe, und Frau Furtwängler ist schwanger, und keiner weiß von wem - aber ist das wirklich so spannend?" Sollte sich Lena Odenthal irgendwann ein Privatleben leisten, würde sie aber Männer lieben. "Eine lesbische Beziehung hätte man von Anfang an einführen müssen, aber selbst dann wäre es mir ein bisschen zu nah an meiner Person."

Ulrike Folkerts hat schon oft erklären müssen, dass sie anders ist als Lena Odenthal. Der entscheidende Unterschied: "Ich könnte niemals Kommissarin sein." Folkerts hat immer "rumgeschnüffelt", wenn sie in Polizeistationen gedreht hat. Sie hat dabei herausgefunden, dass Polizistinnen ihre Waffe nicht so gern am Leib tragen, sondern lieber in der Handtasche. Und sie hat eine Ahnung davon bekommen, in welche Abgründe die echten Kommissarinnen sehen. "Es muss schrecklich sein, mit solchen Bildern zu leben." Sie zieht es deshalb vor, die Ermittlerin zu spielen.

Es gibt aber auch ein paar Dinge, die Ulrike Folkerts mit Lena Odenthal gemeinsam hat. "Diese ruppige Art, diesen weltverbesserischen Drang, sich einzumischen, das kenne ich beides auch von mir", sagt Folkerts, nachdem wir Molke und Apfelschorle in einem Kiosk gekauft und uns davor auf eine Bank gesetzt haben. Dazu kommt der Sport. Folkerts geht je zwei Mal die Woche laufen und schwimmen. Sie tut das nicht, damit sie eine fitte Kommissarin spielen kann, sondern weil sie es braucht, um ausgeglichen zu sein. Und genau wie Lena Odenthal trägt Ulrike Folkerts ganz gern Jeans und Lederjacke, auch wenn sie mittlerweile einen Rock besitzt, wie sie lachend erzählt: "Den hatte ich sogar schon, bevor ich Thea Winkler gespielt habe."

Ein wenig hat sich Ulrike Folkerts sogar in dieser Thea Winkler, der Frau aus "Ich bin eine Insel", wiedergefunden. Das Bedürfnis, sich total zu verkriechen, hat sie auch gehabt, vor fast 25 Jahren, als sie sich an der Schauspielschule erstmals in eine Frau verliebte. "Ich wusste, das ist es für mich, aber ich war extrem verunsichert, weil ich in dem Moment so alleine damit war." Deshalb schlug sie erst einmal die Tür hinter sich zu, malte, schrieb Tagebuch, machte einsame Spaziergänge.



Serienrollen scheinen für Schauspieler gleichzeitig Segen und Fluch zu sein.  http://www.macgyver-forum.de/iB_html/non-cgi/emoticons/dozey.gif" border="0" valign="absmiddle" alt=':naja:'>

Sarah

seeeeehr interessant - vielen Dank!  http://www.macgyver-forum.de/iB_html/non-cgi/emoticons/klatsch.gif" border="0" valign="absmiddle" alt=':klatsch:'>
"I've found from past experiences that the tighter your plan, the more likely you are to run into something unpredictable."
MacGyver - The Heist